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Das hätte nicht sein müssen, liebes Universum

Kurz vor dem Ziel.
Mir war schon klar, dass nicht alles perfekt laufen wird, aber die wichtigsten Sachen waren geregelt. Ich konnte schon auf einige Erfolge zurückblicken, hatte einiges erkämpft, Rückschläge verkraftet, tolle Leute kennengelernt und vor allem viel Arbeit, Energie und Herzblut investiert.
Nächste Woche sollte sich meine einjährige Arbeit dann endlich in einem tollen 2-tägigen Karriere-Event für meine Kommiliton*innen zeigen. Über 60 Leute steckten mit drin, außerdem eine sehr hohe Geldsumme und vor allem verdammt viel Hingabe.
Es war alles vorbereitet. Wir hatten alles durchgeplant. Unsere Rede geschrieben. Eigene Merch-Artikel designt und bestellt. Es war beinahe zu schön um wahr zu sein.
Dieses Projekt war mein Leben. Die Uni war seit Wochen nur noch nebensächlich. Die Rolle als Projektleitung hat mich definiert. Schon viel zu lange. Wenn ich an mir selbst gezweifelt habe und eine social-anxiety-Phase hatte, habe ich mir immer so vor Augen geführt, dass ich stolz auf mich sein kann, dass ich es mir selbst bewiesen habe. Und jetzt wollte ich auch allen anderen zeigen, was ich kann.
Und dann kam Corona. Ich kann das C-Wort nicht mehr hören.
Eine Woche vor dem Event wurde alles abgesagt. Die Infektionsgefahr sei zu hoch.
Das war einer der schlimmsten Tage meines Lebens. Die letzte Woche hat sich so surreal angefühlt, wie ein wahr gewordener Alptraum.
Ich weiß, letztendlich ist es nur eine Veranstaltung - und es war mit Sicherheit die verantwortungsvollere Entscheidung. Aber das Projekt hat so eine große Bedeutung für mich gehabt.
Ich habe mich noch nie so klein und machtlos gefühlt. Letztendlich ist es nicht der Virus, der die ganze Welt lahmlegt, sondern die Panik, die sich breit macht.
Wir betreiben Hamsterkäufe, weil es alle anderen auch tun und sagen Veranstaltungen ab, weil überall Veranstaltungen abgesagt werden.
Niemand interessiert sich mehr für Menschen, die an Grenzen getötet werden, oder Diskriminierung und Rassismus und alle die anderen Ungerechtigkeiten. Es geht nur noch um dieses Virus, immer und überall.
Wie, verdammt nochmal, ist das alles passiert?
Alle sagen mir, dass ich an dieser Erfahrung wachsen werde und gestärkt daraus hervorgehe und das ist mir auch klar, aber wenn mir das Universum eine Lektion erteilen will, hätte dafür bestimmt auch etwas weniger Krasses gereicht, als mir ein Jahr Arbeit zu nehmen.

Ich will nicht egoistisch klingen. Es geht bei der ganzen Sache natürlich nicht um mich.
Aber das war ein Schlag in die Magengrube. Es tut verdammt weh und ich bin noch etwas benommen und taumele jetzt durch die Realität.
2020 hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt.
Setze ich mich jetzt einfach wieder an meine Uni-Skripte und tue so, als wäre das alles nicht passiert?
Erkenne ich irgendwann den größeren Sinn?
Was wird noch alles passieren?

Seebühne, Bregenz, März 2020

Chasing Sunsets

It's time to say goodbye, but I think goodbyes are sad and I'd much rather say hello. Hello to a new adventure.
Ich habe hier schon des öfteren über das Abschied nehmen geschrieben. Ich komme immer noch nicht damit klar.Abschiede sind herzzerreißend, gerne mal magisch, emotional und voller Liebe. Abschiede bedeuten auch Neuanfänge. Man blickt auf eine wunderbare Zeit zurück, weiß nicht, was vor einem liegt, aber hofft auf das Beste. "Wir bleiben in Kontakt", heiß es dann. Obwohl beide wissen, dass das nicht passieren wird.
Für einige meiner Freunde geht es im nächsten Semester ins Auslandssemster. Und auch ich werde im Herbst endlich ins Ausland gehen. Das bedeutet aber, dass ich einige lieb gewonnene Menschen ein Jahr lang nicht sehe. Das ist zum einen traurig, zum anderen werden wir alle auch neue Freundschaften schließen, Abenteuer erleben und Geschichten schreiben. Nur weil man sich so lange nicht sieht, heißt das ja auch nicht, dass man nicht mehr befreundet ist. Trotzdem wird es nie mehr so sein, wie früher. Aber so soll es sein.

Gestern hieß es wieder "Gute Reise, alles Gute, vergiss uns nicht, wir werden dich vermissen, wir haben dich lieb, schick auf jeden Fall Fotos", während der Sonnenuntergang sein bestes tat, um den Abschied angemessen zu untermalen. Wir hatten die klarste Aussicht auf die Berge, die intensivsten Farben am Himmel und in der entscheidenden Sekunde regnete es plötzlich für eine halbe Minute. Als würde die ganze Stadt trauern, dass sie verlassen wird.

Manchmal wird man des Abschieds auch beraubt. Man sagt sich "wir sehen uns doch bestimmt nochmal, bevor du gehst". Und dann kommt alles anders und plötzlich ist die Person weg und dabei wollte man ihr doch noch so viel mitgeben und sie noch einmal in den Arm nehmen.

Ich hasse Abschiede. Ich bin gut darin, neue Menschen kennen zu lernen und ins Herz zu schließen, aber ich will sie dann nicht wieder gehen lassen. Aber so spielt das Leben. Es werden wohl noch viele Menschen kommen und gehen.

How lucky I am to have something that makes saying goodbye so hard
Irgendwo am Bodensee, Dezember 2019


Ein Sommerwunder

Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich die drei Sommermonate jemals rumkriege. Die ersten Wochen haben sich so gezogen. Aber irgendwann habe ich aufgeschaut und es waren über zwei Monate vorbei. Das muss Magie gewesen sein. Mein Sommer war nicht der klassische Abenteuer- und Strandsommer. Ich war die vollen drei Monate im Praktikum in einer Stadt, die ich ein paar Jahre zuvor noch nahezu gehasst habe. Ich habe alle beneidet, die richtig in den Urlaub gefahren sind und habe meine Unistadt und meine Freunde dort sehr vermisst. Jetzt neigen sich die Semesterferien dem Ende zu. Das Praktikum dauert nur noch anderthalb Wochen. Und wie immer fange ich in der Endphase an zu reflektieren. Was habe ich gelernt, was kann ich aus den letzten Monaten mitnehmen, was war gut, was muss zukünftig besser laufen?
Der Sommer war teilweise sehr herausfordernd. Ich hatte oft das Gefühl, auf mich allein gestellt zu sein, hatte finanzielle Probleme und oft das Gefühl, nicht genug gefordert zu sein. Dafür durfte ich tolle Menschen kennen lernen, mein Band mit alten Freunden festigen und vor allem konnte ich nach 7 Jahren meinen Bruder wiedersehen. Und das ist wunderbar. Es gibt nichts wertvolleres als tiefgreifende Beziehungen mit Menschen. Ich bin so dankbar, dass ich diesen Sommer diese Chance bekommen und genutzt habe. Und deshalb spielen die ganzen "Strapazen" überhaupt keine Rolle. Denn all das vergeht, während zwischenmenschliche Beziehungen erhalten bleiben.
Ich bin einfach sehr dankbar für diesen Sommer und alle Erfahrungen, die ich gemacht habe. Ich glaube ich bin sehr gewachsen. Wenn ich klug bin, werde ich das Gelernte in der Zukunft auch anwenden. Aber das beengende Gefühl, welches aufkommt, wenn einem klar wird, dass man sich nicht mal mehr Lebensmittel leisten kann, werde ich wahrscheinlich niemals vergessen.
Eine verrückte Zeit war das. Weit von meiner Komfortzone entfernt. Ich werde erstmal eine Woche in meinem Refugium brauchen, um mich davon zu erholen.

PS: stellt euch vor, ich habe es sogar auf eine Schaukel geschafft

Stuttgart, Birkenkopf, August 2019




Das ist doch kein Leben!

Aber das ist doch kein Leben!
Diese Worte waren ein Messerstich ins Herz, als meine Mutter sie zu mir sagte.
Ich hatte eine sechsstündige  Zugfahrt hinter mir und schlimme Rückenschmerzen. Mein Rücken macht mir schon seit einer Weile Probleme. Zuerst dachte ich, das gibt sich irgendwann von selbst. Hat es nicht. Dann fing ich an, regelmäßig Yoga zu machen und dachte mir, nach ein bis zwei Wochen habe ich das dann im Griff. Hatte ich nicht. Also  ging ich doch zum Arzt, der mich hier und da verdrehte und verrenkte und mich dann mit den Worten verabschiedete: "in ein paar Tagen ist es besser". War es nicht. Ich habe weiterhin Yoga gemacht, die Schmerzen irgendwie ausgehalten und mich zusammengerissen. Für das Sommerpraktikum musste ich dann in eine andere Stadt ziehen. Davor fängt man natürlich auch keine Therapie an. Der Arbeitsalltag besteht hauptsächlich daraus, am Schreibtisch zu sitzen. Die ersten 2 Wochen waren die Hölle. Dann kam das Wochenende bei meinen Eltern, die zwar schon von meinen Problemen wussten, mich aber noch nie "live" damit erlebt hatten. Ich weiß noch, wie ich damals in die Wohnung kam, in der Küche saß und mich nur darauf konzentriert habe, nicht los zu heulen. Seltsamerweise kann ich vor meinen Eltern nicht weinen. Ich warte damit immer, bis ich alleine bin. Ich glaube in den letzten 5 Jahren habe ich öfter in der Öffentlichkeit geweint als vor meinen Eltern. Naja, anderes Thema.
Das Ding ist, ich habe wegen körperlichen Beschwerden niemals Mitleid mit mir selbst. Ich denke mir dann immer "komm, jetzt reiß dich zusammen", "du hast keinen Grund, jetzt rumzuheulen", "andere Leute stehen viel schlimmere Sachen durch".
Aber zu sehen, wie besorgt meine Mutter war und diese Worte zu hören, hat bei mir einen Schalter umgelegt. Stimmt, jeden Tag Schmerzen zu haben und nicht sitzen zu können ist kein Leben. Ich bin doch erst 20, wie sollen die nächsten 60 Jahre meines Lebens aussehen? Ich habe vor ein paar Wochen Volleyball mit meinen Freunden gespielt und war unfähig, dem Ball hinterherzurennen. Oder danach gemütlich am See zu liegen, weil keine Position die richtige war.
Ich sehe mein eigenes Leid immer erst, wenn ich merke, dass andere Menschen sich sorgen machen.
Davor kann ich sowas immer ganz gut verdrängen.
Inzwischen sind einige Wochen vergangen. Ich war nochmal beim Arzt, dann beim Orthopäden, dann beim MRT und nächste Woche bekomme ich endlich eine Therapie und ich freue mich schon sehr darauf und bin einfach froh, dass ich das für mich und meinen Körper tue.
Aber auch das Yoga zeigt inzwischen Wirkung. Ich bin wieder fähig, zu sitzen, solange ich den Bewegungsausgleich habe. Und die Schmerzen sind nicht mehr permanent, sondern nur noch ab und zu. Ich war ja schon immer ein Fan von Yoga, aber jetzt habe ich nochmal richtig gemerkt, wie gut mir das tut.
Rückenschmerzen hat glaube ich jeder Mal, in unterschiedlichster Art und Weise. Ich wollte hier eigentlich nur mal alle daran erinnern, gut auf ihren Körper zu achten. Bewegt euch und schafft einen Ausgleich zum Sitzen, nehmt die Treppen, lauft die eine Ubahn Station, dehnt euch und esst gute Sachen. Im Grunde ist es doch einfach. Bewegung ist sogar umsonst und in gesunde Lebensmittel zu investieren, heißt, in sich selbst zu investieren.

Photo by Nik MacMillan on Unsplash
 PS: Leider habe ich gerade nicht viele schöne eigene Bilder, weil ich den ganzen Tag eigentlich nur arbeite. Deswegen müssen zur Zeit lizenzfreie Bilder aus dem Internet herhalten.

Das, was ich über dich denke, bist nicht du. Das bin ich.

Eine kleine Erkenntnis von Pinterest, die wie für mich gemacht zu sein scheint. Wenn ich einen Menschen neu kennen lerne, mache ich mir immer unglaublich viele Gedanken.
Ob der Tippfehler in meiner Nachricht jetzt alles zerstört hat?
Hasst die andere Person mich, weil mein Ratschlag nicht hilfreich genug war?
Ist die andere Person genervt, weil ich die Ironie nicht verstanden habe?
Einmal habe ich mir tagelang Vorwürfe gemacht, weil ich dachte, ich hätte "Der" anstatt "Mein" geschrieben. Irgendwann habe ich die Nachricht nochmal gelesen und gemerkt, dass ich mich damals nur verlesen und tatsächlich "Mein" geschrieben habe. Tagelange Vorwürfe. Wegen Nichts. Willkommen in meinem Leben. 
Fragen, die für immer unbeantwortet bleiben werden. Und oftmals auch vollkommen unbegründete Sorgen.
Jede Person lebt in ihrere eigenen, einzigartigen Gedankenwelt. Gerade in Chats entstehen so leicht Missverständnisse. Vor allem, wenn man die andere Person noch nicht so gut kennt und nur schwer einschätzen kann. Und wahrscheinlich ist es tatsächlich so, dass ich meine Gedanken und Gefühle auf die Situation projiziere. Obwohl die andere Person an dem Tag vielleicht eher gut drauf ist.
Wenn man sich dann besser kennt, wird es natürlich leichter. Aber ich finde die Kennenlernphase immer unglaublich anstrengend. Dazu muss ich auch sagen, dass ich nicht besonders oft eine Person so richtig gut kennen lerne. Oberflächlich lernt man sich schnell irgendwo kennen. Das kann dann auch lustig sein. Aber sich einander zu öffnen und Vertrauen aufzubauen, erfordert viel Zeit und Geduld und so weit kommt man nicht immer. Das ist jetzt gar nicht wertend gemeint, das ist einfach so. Zumindest in meinem Leben.
Aber wenn man diese "Hürde" erst überwunden hat, hält man einen Schatz in der Hand: Freundschaft. Und zwar eine, in der man nicht nur lustige Erinnerungen, sondern auch Sorgen und Ängste teilt. In der man immer füreinander da und Nichts an Bedingungen geknüpft ist. Dafür lohnt sich der Gedankenwirbel, die Geduld, die Zeit, die Sorgfalt.

Photo by Thomas Kinto on Unsplash

Wachstumsschmerzen

Was einem nach einer Reise keiner erzählt, ist, dass Flugzeuge manchmal erschreckend doll wackeln können. Das man manchmal gezwungen ist, länger als 24 Stunden wach zu bleiben. Die Panik, die aufkommt, wenn man an einem neuen Ort ankommt und alles unglaublich verwirrend ist. Ganz zu schweigen von dem ganzen Geld, das man ausgibt.
Die unsäglichen Rückenschmerzen nach 5 Stunden eingepfercht sein in einem Flugzeugsitz zwischen fremden Menschen. Das Warten. Das ewige ewige Warten. Oder auch das vollgekotzte Hostel-Gemeinschaftsbad. Und das Bett, das man sich gar nicht erst genauer anschauen will.
Aber wisst ihr was?
All das erzählt einem keiner, weil man so etwas schlichtweg vergisst, sobald man ankommt.
All das spielt am Ende keine Rolle, denn alle Abenteuer sind es wert, erlebt zu werden. Und letztendlich kommt man als anderer Mensch wieder nach Hause.
Ich nenne das Wachstumsschmerzen.

New York City, April 2019

Das Karussell

Mein Alltag ist ein einziges Todo-Listen- Karussell. Ich sitze 12 Stunden am Schreibtisch, aber merke nicht wie lange ich arbeite, weil ich zwischen Pflichtliteratur lesen, eMails beantworten und Meetings hin und her springe. Die Abwechslung fühlt sich dann an wie eine Pause, aber natürlich ist es keine. Das merke ich dann aber immer erst abends, wenn ich nach Hause komme und meine Aufnahmefähigkeit nur noch für die niveauloseste Reality Show auf Netflix reicht. Und selbst das ist irgendwann eine einzige Reizüberflutung. Aber wenn ich den Laptop zuklappe und plötzlich alles still ist, bin ich allein mit meinen Gedanken. Und dann kommen teilweise Emotionen hoch, die man den ganzen Tag unterdrückt hat vor lauter Engagement, Verantwortung und Tasks abarbeiten.
Ich weiß nicht, wieso ich mich nach einem besonders produktiven Tag manchmal schlecht fühle. Ich blicke zurück und weiß nicht mehr, was an dem Tag alles passiert ist. Das Mittagessen kommt mir ewig her vor und ich weiß, dass ich viel geschafft habe, aber dennoch habe ich nicht das Gefühl, etwas erreicht zu haben. Ich war den ganzen Tag von inspirierenden Menschen umgeben und trotzdem fühle ich mich später einsam. Andere sagen mir, wie krass sie es finden, was ich alles tue und alles was ich fühle ist Druck. Ich will unbedingt diejenige sein, von der keiner weiß, wie sie alles schafft. Ich weiß es selbst nicht. Und ich weiß auch nicht, wie lange ich das noch schaffe.
Der Punkt ist, ich liebe alles, was ich tue. Meine Projekte und die Uni sind mir unglaublich wichtig. Schließlich ist das alles, was ich habe. Ich bin jetzt schon diejenige, die mit ihrem Job verheiratet ist. Der ultimative Workaholic. Weil ich sonst nicht weiß, was ich mit mir anfangen soll. Weil es sonst nichts gibt, was meinen Alltag lebenswert macht. Das Wissen, das meine Arbeit Bedeutung hat, ist das, was mich erfüllt. Der Grund, weshalb ich jeden Morgen aufstehe, ist mein Verantwortungsbewusstsein und mein Pflichtgefühlt. Und meine To Do Liste.
Je mehr ich arbeite, desto mehr Arbeit habe ich. Klingt vielleicht unlogisch, aber genau so ist es. Und ich bin mir darüber bewusst, aber irgendwie brauche ich das. Weil sonst wäre ich ja den ganzen Tag meinem Gedankenkreisel ausgesetzt.
Vielleicht ist der Drang, mir selbst beweisen zu wollen, dass ich abgehen kann wie eine Rakete etwas außer Kontrolle geraten.

Friedrichshafen, März 2019

Zu früh gefreut?

Ich hatte mir ja gewünscht, dass das Jahr 2019 etwas ruhiger wird. Am liebsten auf eine unbeschwerte und schöne Art und Weise. So unbeschwert und schön wie das Gefühl, auf einer Schaukel hin und her zu schwingen. Oder sich auf dem Meer treiben zu lassen, während die Sonne für einen scheint. Oder so sehr lachen zu müssen, dass einem der Bauch weh tut. Ja, das wäre schön.
Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Realität hat bereits zugeschlagen. Es sind noch nicht einmal zwei Wochen vergangen und ich habe schon eine Achterbahnfahrt hinter mir.
Ähnlich wie in den letzten Semesterferien. Ich weiß noch nicht, ob ich das lustig finde. Nein, ich glaube nicht. Ich bin wieder an einem Tiefpunkt, habe mich wieder einmal mehr oder weniger selbst in diese Situation gebracht und muss da jetzt wieder einmal alleine rauskommen. Zwei Dinge habe ich dabei schon gelernt: 1. Erwachsenen-Fehler wiegen viel schwerer, müssen viel länger ausgebadet werden und haben meistens etwas mit Geld zu tun; 2. Erzähl nicht sofort jedem, wenn VIELLEICHT demnächst etwas tolles passiert. Denn am nächsten Tag kann das schon wieder ganz anders aussehen.
(Nein, ich bin nicht schwanger ;) )
Und genau wie in den letzten Ferien habe ich keine Ahnung, wie es so weit kommen konnte und das dringende Bedürfnis, etwas ändern zu müssen. Ich mag Ferien nicht. Das ganze Semester über herrscht Chaos und man wirbelt durchs Leben ohne das man irgendwas um sich herum mitbekommt. In den Ferien wird man dann plötzlich ausgebremst. Man bekommt einen Wahrheits-Spiegel (ohne Filter) vorgehalten und sieht, wer man die letzten Monate über geworden ist. Das ist nicht unbedingt ein schöner Anblick. Ich will nicht sagen, dass ich mich selbst nicht mag oder so. Es ist mir nur manchmal ein Rätsel, wie ich jemals in diese erwachsene Gesellschaft passen soll. Es ist leicht, so zu tun, als ob, aber es dann wirklich durchzuziehen ist deutlich schwieriger als gedacht. Die Gesellschaft und das Leben wäre schön wenn alle einfach zusammen barfuß im Sommerregen tanzen würden. In der Realität ist das aber nicht so. Das ist nichts Neues, ich weiß, aber ich bin noch nicht ganz bereit, meine Naivität aufzugeben und mich durch diese Gesellschaft zu kämpfen. Ich würde mein Leben gerne so gut es geht genießen. Wisst ihr, wie lange ich nicht mehr auf einer Schaukel gesessen bin? Ich weiß es nicht mehr.
Es ist paradox. Meine Vorstellungen von einem guten Leben sind genau das Gegenteil von dem, was die "Gesellschaft" unter einem guten Leben versteht.
Anstatt die Sommermonate zum Beispiel auf Schaukeln, Wellen und berieselt von Sommerregen zu verbringen, werde ich hart arbeiten müssen: Klausuren, Zweitstudium, Vollzeitpraktikum. Vorausgesetzt es läuft gut und ich finde einen Platz. Vorausgesetzt. Es. Läuft. "Gut".
Und wenn ich keinen Platz finde und Zeit für all diese schönen Dinge hätte, bedeutet das, dass ich versagt habe. Willkommen bei den Erwachsenen.
Mir ist klar, das ist Jammern auf sehr hohem Niveau und ich kann mich glücklich schätzen, so ein Leben zu führen und all diese Möglichkeiten zu haben. Und meistens bin ich das auch. Und natürlich habe ich mich bewusst dafür entschieden. Weil ich weiß, oder wenigstens hoffe, dass es das alles irgendwann wert ist. Ich arbeite jetzt dafür, später noch viel mehr arbeiten zu können. So gesehen werde ich ohnehin nie wieder Ferien haben. Hat wohl alles Vor- und Nachteile. Und selbst wenn ich mal irgendwo eine Auszeit einschiebe, wird diese immer von einem schlechten Gewissen begleitet sein.
Aber dann kommen diese Momente, in denen ich an Schaukeln denke. Oder an das Meer oder Sternschnuppennächte oder an den Sommerregen. Ich brauche dringend eine Pause von dieser oberflächlichen Welt, wo alle anderen Menschen bloß Konkurrenten sind und man erst dann erfolgreich ist, wenn man egoistisch ist.

Prater, Wien, August 2018

Guilt Trip

"Du erkältest dich noch."
"Lass mich", erwiderte sie gereizt und streifte die dünne Jacke über. 
Anstatt zu antworten schüttelte er bloß verständnislos den Kopf. 
"In drei Stunden bin ich zurück", rief sie ihm noch im Hinausgehen zu. 
"Okay, vergiss die Milch nicht." Doch die Tür war bereits ins Schloss gefallen. 
Er ging zum Fenster und sah ihr nach. Beobachtete, wie sie durch den tiefen Schnee stapfte und ihre Arme dabei um ihren Körper schlang. Dies ließ einen Hauch Selbstgefälligkeit in ihm hochkommen. Warum hatte sie nicht auf ihn gehört? Jetzt war ihr kalt und sie würde bestimmt krank werden, dachte er.
Wenn er doch zu diesem Zeitpunkt schon gewusst hätte, dass sie nicht mehr zurückkommen würde. Dass er sie ein letztes Mal durch den Schnee stapfen sehen würde. Ein letztes Mal ihre Sturheit die Oberhand gewinnen würde. Er hätte alles anders gemacht. Er wäre ihr nachgerannt und hätte ihr seinen wärmsten Pullover in die Hand gedrückt. Er hätte sie in der Türschwelle noch einmal zurückgerufen, um sie zu küssen und ihr zu sagen, wie sehr er sie liebte. Letztendlich hätte er sie wahrscheinlich gar nicht gehen lassen, sondern hätte sich selbst in den Schnee gewagt.
Dann wäre er nicht unter einer Lawine von Trauer und Vorwürfen erstickt worden. Wäre nicht von seinen Schuldgefühlen zerfressen worden, jedesmal, wenn es schneite, jedesmal, wenn er sich im Haus umblickte, jede Nacht, wenn er auf ihrer Seite des Bettes lag und jeden Tag, wenn ihn einfach alles an sie erinnerte. Ihr Lieblingstee, der ihm entgegenkam, wenn er in der Küche die Schublade öffnete. Wegen diesem Tee schmeckten ihre Küsse morgens immer nach Zimt. Oder die Zimmerpflanze im Wohnzimmer, um die sie sich mit Hingabe gekümmert hatte und die deshalb inzwischen genauso groß war wie sie. Oder das Radio, dass all die fröhlichen Lieder spielte, zu denen sie immer getanzt hatte. Es war wie ein Instinkt. Sobald Musik gespielt wurde, tanzte sie. Nichts konnte sie davon abhalten. Oder die Bäume draußen im Garten. Bei Wind ging sie manchmal hinaus, setzte sich auf den Rand der Terrasse und lauschte dem Rauschen der Blätter.
Jeden Tag wurde er aufs Neue an all das und noch viel mehr erinnert. Bis er irgendwann den Drang verspürte, alles niederzubrennen. Doch das würde bedeuten, sie vollkommen auszulöschen. Er wollte die Erinnerungen nicht verlieren. Auch wenn das bedeutete, jeden Tag das Leid des Verlustes ertragen zu müssen. So blieb wenigstens ein Stück von ihr für immer bei ihm.
Denn als er ihr das letzte Mal hinterher blickte, ahnte er nicht, dass es das letzte Mal sein würde. Alles, was er empfand, war nur ein kleines bisschen Selbstgefälligkeit, weil er Recht behalten hatte, und sah, wie sie fror.



Driving Home for Christmas

Bisher habe ich Weihnachten immer damit verbracht, voller Freude auf meine Geschwister zu warten, denn ich bin die Jüngste und wohnte als Einzige noch zu Hause. Dieses Jahr gehöre ich selber zu denen, die an Weihnachten zu ihrer Familie fahren. Und irgendwie hat das etwas Magisches, wie ich finde. Das Semester ist vorbei und überall sehe ich andere Studenten mit Koffern auf dem Weg nach Hause. Das macht mich so glücklich. Überall im Zug sind Menschen auf dem Weg zu ihrer Familie, alle haben ein paar schöne und erholsame Tage vor sich (zumindest hoffe ich das).

Eine Sache, die ich dieses Jahr auf die harte Tour lernen musste, ist, wie wichtig Familie ist.
Bisher hielt ich meine Familie eigentlich für ziemlich normal. Gut, was heißt schon normal, aber wenn die Statistiken von einem Fall sprechen, der nur einmal von tausendmal eintritt, dann habe ich meine Familie zu einer der 999 anderen Familien gezählt.
Aber jetzt sind wir diese eine Familie geworden. Bei der dieser eine Fall eingetroffen ist, der nur einmal von tausendmal eintritt. Und plötzlich sieht man seine Familie als Teil einer Grey´s Anatomy Folge und wünscht sich einfach nur, im falschen Film zu sein.
Und dann merkt man, was Zusammenhalt eigentlich bedeutet. Was es bedeutet, eine Familie zu haben und wie verdammt dankbar ich dafür bin. Eine Familie macht abstrakte Begriffe wie Unterstützung oder zu Hause sichtbar.

Weihnachten ist für mich wie ein Refugium. Ein Ort, zudem Sorgen keinen Zutritt haben. Wo es warm ist und nach Plätzchen riecht.
Jetzt, wo meine Familie so etwas durchmachen musste, nehme ich Weihnachten ganz anders wahr. Und bin einfach nur glücklich, dass langsam alles wieder normal wird und wir uns auf das konzentrieren können, was in der Zukunft liegt und was wir im Jetzt miteinander haben.

Genießt die wertvolle Zeit mit euren Liebsten.

Wien, Dezember 2017

Der Haufen, über den alles geworfen wird

Ich fühle mich in etwa so, wie ich mich genau vor einem Jahr gefühlt habe: Blick auf die Zukunft, das Gefühl, alles noch vor sich zu haben. Leicht verwirrt. Nein, durch und durch verwirrt. Die Frage nach dem Was hat sich eigentlich geklärt. Jetzt kommt die viel wichtigere Frage auf: Wie?
Ich weiß, was ich will. Doch ich habe inzwischen keinen blassen Schimmer mehr davon, wie der Weg dorthin aussehen soll. Dabei habe ich die Startlinie bereits überquert. Doch ich komme an Schildern und Abzweigungen vorbei, die ich aus der Ferne nicht sehen konnte. Ich war naiv, habe mir alles einfacher vorgestellt als es ist. Der Nachteil eines geisteswissenschaftlichen Studiums würde ich sagen.
Mir ist klar geworden, dass ein Leben nicht geradlinig verläuft. Es gibt keinen perfekten Weg.
Selbst ein geschniegelter Lebenslauf ist im Detail chaotisch.
Das Problem sind die unendlichen Möglichkeiten. Ich liebe mein Studium, meine Uni und meine Freunde, aber es gibt noch so viel mehr da draußen. Ich würde am liebsten ein Nebenfach und ein Zweitstudium beginnen (edit: habe ich inzwischen sogar), gleichzeitig noch eine Weltreise machen, mich mehr sozial engagieren, für ein Praktikum oder gerne auch einfach so mal nach Paris, New York, Tel Aviv, Singapur, Kapstadt... Ein Leben reicht einfach nicht aus. Und wenn ich daran denke, wie ich teilweise meine Zeit verschwende, damit, irgendwelchen Menschen nachzulaufen, die mich nicht in ihrem Leben haben wollen, oder damit, der Vergangenheit nachzuhängen.
Ist das wirklich verschwendete Lebenszeit? Oder ist das einfach der Fluch des Menschseins?
Bis vor kurzem war mein einziges Ziel, dahin zu kommen, wo ich jetzt bin. Ich hatte einen Plan vor Augen, den erfolgreich umgesetzt und jetzt stehe ich hier, planlos und verwirrt. Ich bin in einer Phase, aus der (hoffentlich) neue Ziele hervorgehen, aber ich darf meine Träume nicht aus den Augen verlieren. Denn was mich wirklich traurig macht, ist, wenn Menschen ihre Träume vergessen und ein Leben in Komfortzonen führen und das jeden Tag gleich abläuft. Das möchte ich auf keinen Fall. Und deshalb muss ich mich regelmäßig daran erinnern. Denn es ist beinahe meine größte Angst, kein erfülltes Leben zu führen. Ich weiß nicht, woher diese Angst kommt, aber wenn ich in meine Zukunft blicke und dort nur Ungewissheit vor mir liegt, spüre ich einen Druck, diese Leere unbedingt füllen zu müssen.

Edit: Dieser Text ist vor ein paar Monaten entstanden. Hat sich inzwischen etwas geändert? Nicht wirklich. Aber ich habe gerade nicht so viel Zeit, um solchen Gedanken nachzuhängen. Gerade ist ´machen´ angesagt, nicht ´denken´.

Malta (St. Peters Pool), November 2018



Das Studentenleben

Das Studentenleben ist voller Klischees. Ich hatte eine ganz konkrete Vorstellung davon, die sich dann eigentlich auch genau so bewahrheitet hat. Ich liebe es. Ich war mir vor Studienantritt unsicher, ob ich ein Leben führen will, dass von so vielen Menschen geführt wird. Aber es war definitiv die richtige Entscheidung. Ich bin die geborene Studentin, dass muss ich mal so sagen. Das Studentenleben besteht natürlich nicht nur aus Partys, Alkohol und Prokrastination.
Manchmal kommt es auch vor, dass man um Mitternacht schwimmen geht. Mit Freunden neue Traditionen entdeckt. Auf dem Fahrrad vom Sommerregen überrascht wird und durch riesige Pfützen fahren kann. Spontan einen Ausflug zum Kuchen essen macht.
Ich erinnere mich daran, wie wir gefahren sind. Es war schon nach Mitternacht und unsere spontane Idee war es, schwimmen zu gehen. Mit den Fahrrädern zu viert durch die einsamen Straßen im Schutze der Dunkelheit. Der Sternenhimmel über uns. Wie wir uns bis auf die Unterwäsche ausgezogen haben und in das stille Wasser gerannt sind. Es zuerst kalt war und dann nicht mehr. Wie er uns davor warnte, ihn nass zu spritzen und wir dann aber genau das taten und wir am Ende alle total nass waren und nicht mehr aufhören konnten zu lachen. Unseren Kopf in den Nacken legten und den Schleier der Milchstraße bewunderten. Wie wir uns kichernd wieder anzogen, uns ins Gras legten und einfach nur die Sterne betrachteten. Wir konnten sogar Sternschnuppen sehen. Bis es kalt wurde und wir uns von dem magischen Moment verabschiedeten, wir ihn alle aber in unsere Erinnerungsschatzkiste einbrannten. Und dann zu Hause noch ewig redeten bis es spät (oder wieder früh) war und wir erst einschliefen als die Vögel schon wieder anfingen zu singen.



Tanz im Regen

Wegen des starken Regens konnte sie durch die Windschutzscheibe kaum den Verkehr erkennen. Die Welt draußen sah aus wie verlaufene Wasserfarben auf Papier. Eine verschwommene Mischung aus Grau und Rot. Bei jedem Schlagloch klirrten die Glasflaschen im Kofferraum. Sie fuhr auf eine Ampel zu, die gerade von Grün auf Orange schaltete. "Los, fahr!", rief er neben ihr genervt, doch sie war schon am bremsen. "Boah, die hättest du doch locker noch gekriegt", stöhnte er.
"Siehst du nicht, dass die Straße unter Wasser steht? Schonmal was von Aquaplaning gehört?", entgegnete sie ebenso genervt. "Jetzt übertreibst du schon wieder", antwortete er vorwurfsvoll. "Okay, würdest du jetzt lieber verletzt im Graben liegen als hier 2 Minuten im Trockenen auf Grün zu warten?", blaffte sie ihn wieder an.
"Ich will einfach nur nach Hause", murrte er.
"Oh, ist es etwa so schlimm, mit mir einkaufen zu gehen?"
"Was, wie kommst du denn darauf? Nein ich liebe es über alles, wenn ich mich für alles, was ich in den Einkaufswagen lege, vor dir rechtfertigen muss", sagte er mit deutlich sarkastischem Unterton.
"Ich will doch nur, dass du ein kleines bisschen mehr auf deine Gesundheit achtest."
"Und ich will mir nicht alles verbieten lassen, was ich mag"
"Okay, ich diskutiere jetzt nicht nochmal mit dir darüber", rief sie dazwischen.
"Ich hab auch keine Lust mehr", fauchte er.
Die Ampel schaltete auf Grün. Niemand sagte mehr etwas, als sie losfuhr. Und es blieb erstickend still, bis sie endlich an dem Parkplatz vor ihrer Wohnung vorfuhren. Der Parkplatz war bis auf eine kleine Lücke ganz hinten voll besetzt.
"Toll, jetzt dürfen wir alles über den ganzen Parkplatz schleppen", beschwerte er sich.
"Ja, dafür kann ich doch nichts", seufzte sie entnervt.
Sie stellte das Auto ab und kaum hatte sie den Zündschlüssel gezogen, war er schon ausgestiegen und knallte die Tür hinter sich zu.
Sie nahm sich einen kurzen Moment, um sich anzulehnen, die Augen zu schließen und tief durchzuatmen. Er öffnete den Kofferraum und hantierte mit den Einkaufstaschen herum. "Hey, kommst du und hilfst mir mal oder muss ich wieder alles alleine machen?", bellte er durch das Auto.
Sie kniff die Augen zusammen und schürzte die Lippen. Dann stieg sie aus.
"Du lässt mich hier buchstäblich im Regen stehen", begrüßte er sie als sie um das Auto zu ihm gelaufen kam.
"Lukas, bitte hör auf", sagte sie leise.
Wegen des strömenden Regens fiel es nicht auf, dass ihr Tränen die Wangen hinunterliefen.
Jeder griff sich eine Einkaufstasche, bevor sie den Kofferraum zuklappte und ihr Auto zuschloss. Währenddessen lief er schon voraus zur Haustür. Sie ging ein paar Schritte hinter ihm und bemühte sich nicht, aufzuholen. Stattdessen versuchte sie krampfhaft, ein Schluchzen zu unterdrücken. Wenn sie im Haus waren, würde man sehen, dass sie weinte und das wollte sie auf jeden Fall verhindern.
Sie war so mit sich selber beschäftigt, dass sie gar nicht bemerkte, wie der Regen die Papiertüte nach und nach durchweichte bis diese schließlich an der Seite aufriss und plötzlich alles auf den nassen Asphaltboden krachte und sie nur noch die Henkel in den Händen hielt. "Boah scheiße!", entfuhr es ihr lauter und verzweifelter, als ihr lieb war. Er drehte sich um. "Nein mann, was machst du denn?", schrie er. "Ich mach gar nichts, verdammt, kannst du mal kurz nicht so ignorant sein und mir mit dem Mist hier helfen?", brüllte sie. Das Schluchzen ließ sich nicht mehr unterdrücken und sie sackte neben der auslaufenden Milch auf dem Boden zusammen und vergrub ihr Gesicht in den nassen Händen, die abgerissenen Henkel fielen dabei auf ihren Schoß.
Nach ein paar Sekunden spürte sie, wie er sich vor ihr hinkniete und ihren Kopf in seine großen Hände nahm, um sie dann ganz sanft auf die Stirn zu küssen. Sie schlang ihre Arme um ihn und er hielt sie fest. Und so saßen sie einige Minuten da, der Regen prasselte auf sie herab und ihr Schluchzen ließ langsam nach.
"Komm hoch", flüsterte er ihr irgendwann zu und sie erhoben sich zusammen, immer noch eng umschlungen und als sie wieder aufrecht standen, drückte er ihr nochmal einen Kuss auf den Kopf. Sie begannen, hin und her zu wiegen und schließlich zu tanzen. Als er sich von ihr löste, um sie zu drehen, vertrieb er damit die letzten Tränen und sie kicherte, während sie sich etwas unbeholfen um ihre eigene Achse drehte. Er ließ sie noch einen Schritt von ihm entfernen, bevor er sie wieder an sich ran holte, sie hochhob und durch die Luft wirbelte. Die kreischte kurz auf und warf dann den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und spürte die einzelnen Regentropfen auf ihrem geröteten Gesicht und wie sie die Wut wegwuschen. Als er sie wieder runterließ, musste auch er lachen. Sie sah ihm in die Augen und zog dann mit ihren Händen seinen Kopf zu sich heran, um ihn zu küssen.
Und sie verlor sich mit ihm darin, zusammen vergaßen sie, wer und wo sie waren. Alles was zählte war, dass sie zusammen waren.


Verliebt

Alles, was sie von ihm hatte, war dieses Buch.
Er hatte auf dieses kleine, hellblaue, unscheinbare Buch in seinem Regal gedeutet und ihr gesagt, sie solle es lesen. Es wäre zwar ein schlechtes Buch, aber ihm hätte es gefallen. Das Buch hatte keinen Umschlag und sie hatte keinen Hinweis auf den Inhalt bekommen. Nachdem sie es in ihre Tasche gesteckt hatte, hatte sie es beinahe wieder vergessen, bis es ihr am darauffolgenden Tag wieder begegnete. Sie blickte es an. Irgendwie war es in seiner Einfachheit und Hellblauigkeit vollkommen. Sie begann, sich darauf einzulassen und sog die Wörter in sich hinein, versuchte zu verstehen, ihn zu verstehen. Nach dem ersten Kapitel klappte sie das Buch zu und drückte es an sich. Es war ein Stück von ihm, das nun auf ihr ruhte. Sie roch am Buchrücken und es roch nach ihm. Gierig saugte sie den Geruch ein. Sie dachte daran, dass es auch ein wenig nach ihr riechen würde, wenn sie es zurückgab und ob ihm das auffallen würde. Sie presste das Buch an ihre Brust und roch dann ein weiteres Mal daran. Ihr Geruch schien seinen auf wundersame Weise zu verstärken. Sie hätte noch ewig so da liegen können, mit seinem Geruch in der Nase, aber sie hatte Angst, dass dann nichts mehr davon übrig bleiben würde und so riss sie sich schmerzlich davon los, legte das Buch neben ihrem Bett ab und kehrte in die Realität zurück. Sie versuchte, sich zu konzentrieren aber ihr Blick wanderte regelmäßig zu dem Buch zurück. Es fühlte sich so richtig an. Dieses Buch dort liegt zu sehen war ein Beweis dafür, dass die letzte Nacht wirklich stattgefunden hatte, dass alles, was er gesagt hatte wirklich aus seinem Mund in ihre Ohren gekommen war. Sie brannte die Erinnerung an die vergangene Nacht tief in ihre Erinnerungsschatzkiste ein, um sie jederzeit besuchen zu können. Dann erlaubte sie einer letzten Welle des Glücks und der Dankbarkeit, durch ihren Körper zu rollen und wandte sich dann wieder ihrem Alltag zu, der ihr aber nicht mehr eintönig grau erschien, sondern knallig bunt. So fühlt es sich also an, dachte sie, wenn man verliebt ist.


2 Uhr Nachts

Hallo liebe Leser!

2 Uhr Nachts kennt alle Geheimnisse, Träume und Wünsche.
2 Uhr Nachts ist die Zeit, nach der es erst richtig interessant wird.
Late Night Talks sind die ehrlichsten und vertrautesten, egal ob betrunken oder nicht.
Dieses Gefühl, wenn man fast schon einschlafen will und dann aber nochmal richtig wach und aufgedreht wird.
Dieser Moment, wenn man um 2 Uhr Nachts nochmal spontan loszieht.
Wenn man aufblickt und merkt: "Oh, schon 2 Uhr Nachts!"
2 Uhr Nachts ist immer die ehrlichste Zeit.
Die Straßen sind leer, die Bars sind voll. Um 2 Uhr Nachts ist man unter sich.
Es ist der Moment, in dem eine neue Flasche geöffnet wird, weil man weiß, dass die Nacht noch jung ist und noch so einiges passieren kann.
Oder wenn man spät noch aus seinem Bett geholt wird, weil sich um 2 Uhr Nachts die unterdrückten Emotionen in Form von Tränen an die Oberfläche kämpfen.
2 Uhr Nachts hat zwei Seiten. Auf beiden endet die Nacht meist auf dem Grund einer Flasche, auf dem sich dann entweder eine Erinnerung oder eine äußerst peinliche Nachricht an den falschen Menschen findet.
Dinge, die im Licht des Tages verwerflich erscheinen, sind um 2 Uhr Nachts plötzlich okay.
Nachrichten um 2 Uhr Nachts haben eine ganz andere Bedeutung als während des Tages.
Die Gespräche gehen tiefer, das Lachen wird lauter und Erkenntnisse treffen einen härter.
Es ist 2 Uhr Nachts als es an ihre Tür klingelt. Es war einer der Nächte, in der der Versuch zu schlafen von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. In der auch der langweiligste Podcast und das tausendste Schaf ihr nicht helfen konnten. In der ihr Gedankenstrom wieder unerträglich laut war. Manchmal wünschte sie, ihr Kopf wäre ein Radio, das man einfach abdrehen oder wenigstens den Sender wechseln könnte. Manchmal fühlte es sich tatsächlich so an, besonders in Situationen, in denen sie nicht wusste, was sie sagen sollte und sich ihr Kopf mit einem einzigen nervtötenden, alles unterdrückenden Rauschen füllte bis sie aus ihrem Gedankentunnel wieder rauskam.
Sie war schon fast an der Tür, als sie merkte, dass sie heute nur ein dünnes weißes T-Shirt zum Schlafen angezogen hatte und das vielleicht gleich zu unangenehmen Blicken führen könnte, je nach dem, wer sich hinter der Tür befand. Also huschte sie nochmal zurück in ihr Schlafzimmer und band sich ihren Morgenmantel um, der sich immer wie eine beschützende Umarmung um sie legte und ihr das Gefühl gab, ihr Leben im Griff zu haben, allein durch die Tatsache, dass sie ihn besaß.
Durch den kalten Fließenboden fühlte sie sich durch jeden barfüßigen Schritt wacher. Das änderte sich jedoch in dem Moment, in dem sie das Licht im Flur anknipste und sich ihre Augen plötzlich verengten. Sie fühlte sich von der Lampe verraten, die ihr grelles Licht unbeirrt im Flur verteilte und dadurch alle verborgenen Dinge plötzlich zum Vorschein kamen. Die Schuhe, die seit Monaten nicht geputzt worden waren. Der Teppich, der dringend einen Staubsauger brauchen würde. Der Müllbeutel, der runtergebracht werden sollte. Der leere Pizzakarton.
Sie öffnete die Tür. Draußen stand David, triefnass und bibbernd vor Kälte. "Hey Vic. Kann ich reinkommen?" Sie nickte und machte Platz für David, der sie im Vorbeigehen streifte und ihren Morgenmantel mit Regenwasser benetzte. Er streifte sich die Schuhe ab und hängte seine Jacke an den überfüllten Garderobenständer. Im Licht der Flurlampe fielen ihr seine zerzausten Haare und die verquollenen, roten Augen auf. Auf seiner Hose befand sich links unten ein großer roter Fleck. "David?", fragte sie leise. Er blickte sie an. "Was ist passiert?".
"Ich kann jetzt noch nicht darüber reden. Ich brauche erstmal Alkohol." Sie nickte und ging an ihm vorbei in die Küche, um im Kühlschrank die halbleere Flasche Sangria rauszuholen. "Reicht dir das? Mehr habe ich leider nicht da."
"Besser als nichts", antwortete er und sie stellte sich auf die Zehenspitzen um die extra großen Gläser vom obersten Regal zu holen.
"Einmal vollmachen bitte."
Sie füllte seins bis zum Rand und ihrs bis zur Hälfte, dann war die Flasche leer.
Er nahm einen großen Schluck.
"Warst du bei ihr?", fragte sie.
"Ja."
"Hast du ihr gesagt, dass du sie liebst?"
"Ja."
"Und sie hat nicht gut darauf reagiert?"
"Sie hat mich angesehen als wäre das das Abwegigste auf der Welt. Als wäre ich schwach oder jemand mit richtig dummen Ideen. Noch nie habe ich mich so gedemütigt gefühlt. Mir war ja von Anfang an klar, dass sie keine Beziehung will, aber verdammt, tut mir Leid, ich habe leider Gefühle. Ich habe noch nie jemanden wie sie kennen gelernt, noch nie so empfunden, aber okay, sie will keine Beziehung, das ist ihr zu anstrengend und sie will sich auf ihr Leben konzentrieren. Und alles was ich will, ist, sie glücklich zu machen. Aber gut, dann halt nicht. Meine Brille ist noch bei ihr. Aber nicht mit Absicht, falls du das jetzt denkst. Sie hat mich gestört und ich habe sie abgenommen und dann vergessen."
"Soll ich sie holen?"
"Nein lass nur, das mache ich irgendwann schon noch."
"Habt ihr euch denn so richtig gestritten?"
"Ich wollte ihr meine Gefühle nahe bringen und das ich keine verpflichtende Beziehung brauche aber sie wollte mich, glaube ich, nicht verstehen. Sie sieht das alles so negativ."
"Wahrscheinlich muss sie sich selbst erstmal klarmachen, was sie will."
"Und ich bleibe als Kollateralschaden dabei auf der Strecke?"
"Naja du hast ja dein eigenes Leben. Konzentriere dich doch erstmal auch auf dich und gib ihr Zeit, ihre Gedanken zu sortieren. Das ist ein Prozess."
"Sie könnte es uns allen auch leicht machen und einfach mit mir zusammen sein. Ich liebe sie doch, was will sie denn noch?"
"Vielleicht einen Menschen, den sie auch liebt?"
"Auf welcher Seite stehst du eigentlich"
"Das war jetzt gar nicht gegen dich, aber versetze dich doch mal in ihre Lage."
"Aber wir verstehen uns so gut. Sie hat mir immer wieder gesagt, wie viel Spaß sie mit mir hat. Wir haben schon miteinander geschlafen. Also irgendwas muss sie doch für mich empfinden."
"Vielleicht, aber diese Gefühle müssen von selbst an die Oberfläche kommen, das kannst du nicht erzwingen."
Schweigen.
David nahm einen letzten Schluck, dann war sein Glas leer bis auf eine rote Lache roten Sangrias auf dem Boden seines Glases.
Ihres hatte sie bereits geleert, denn sein Redeanteil war größer und ihr Glas von Anfang an weniger voll gewesen.
Die alles verschluckende Stille, die sich nur um 2 Uhr nachts über einen legt, ließ beide ihren Gedanken nachhängen. Auf diese ganz seltsame Art und Weise, in der man nicht blinzeln kann sondern einen unbestimmten Punkt in sich aufzusaugen versucht ohne ihn richtig anzusehen. „Willst du kalte Pizza? Ich hab noch welche von vorhin, aber im Kühlschrank“
„Etwas besseres habe ich wohl nicht verdient“
„Hey beleidige nicht die Pizza!“
„Hast ja Recht“
Und dann aßen sie kalte Pizza. So wie es sich um 2 Uhr Nachts gehört.
„Ich bin es leid zu kämpfen, Vic“
„Ich weiß.“
„Ich kann nicht ewig so weitermachen.“
„Ich pass auf dich auf. Nur wenn du weiter kämpfst, kriegst du am Ende auch, was du willst“
„Ich hoffe es“
„Du hast es dir verdient. Und immer wenn du hinfällst, habe ich kalte Pizza für dich“
Er grinste. Sie zwinkerte ihm zu und schob sich das restliche Pizzastück in den Mund.
„Soll ich dir die Couch frei räumen?“
„Lass, ich nehme einfach den Bus.“
„Vergiss den Bus, du schläfst hier, ist doch kein Thema.“
„Morgen ist Montag“
„Scheiß auf Montag.“
„Okay, aber die Couch räume ich schon selber frei.“
„Okay.“
„Danke“
„Kein Ding. Machst du das Licht aus?“
Er nickte und sie verzog sich wieder in ihr Schlafzimmer. Sie lehnte sich an die geschlossene Tür, schloss die Augen und atmete tief ein. Sie liebte es, für andere da zu sein, ihre Couch war wie ein Hafen für Gestrandete mit gebrochenem Herzen. Aber sie ließ sich immer selbst von den Problemen anderer mitreißen, sodass dies auch an ihren Kräften zerrte. Allerdings konnte sie dadurch auch ihre eigenen Probleme verdrängen, denn irgendwie schienen die Probleme anderer immer eine Lösung zu haben, nur ihre eigenen nicht. Nicht, das sie große Sorgen hätte. Sie hatte im Grunde die ganz normalen Hürden, die eine einundzwanzige Studentin mit wenig Geld in einer Kleinstadt nunmal hat. Eigentlich war sie bis jetzt in ihrem Leben ganz gut klargekommen. So gut, dass sie sich gleichzeitig auch um all die anderen Probleme kümmern konnte. Aber um 2 Uhr Nachts fiel es ihr immer schwer, die Gedanken zu verdrängen. Weshalb sie um die Zeit auch meistens wach lag. Weil das die einzige Zeit war, in der sie für sich sein konnte. Wenn nicht gerade jemand vor ihrer Tür stand. 
Sie streifte ihren Morgenmantel ab und ließ sich in ihr Bett fallen. Durch den Türspalt fiel noch Licht und sie hörte ihre Couch knarzen. Immerhin war sie nicht allein. Mit dieser Erkenntnis kam auch die Müdigkeit über sie. Und noch bevor der Stundenzeiger die 3 erreichte, war sie eingeschlafen. 





Rückspiegel

Hallo liebe Leser!

Heute geht das Jahr 2017 zu Ende. Und ich trauere. In einem vergangenen Post (17 Dinge, die ich 2017 gelernt habe) habe ich ja schon darüber geschrieben, dass 2017 ein ganz besonderes Jahr für mich war. Nun geht es zu Ende und es gelingt mir nicht, loszulassen. Ich halte immer noch an den vergangenen Abenteuern fest, trauere um die Menschen und die Orte, die ich kennenlernen durfte und wieder verlassen musste.
Immer, wenn ich die Playlist aus dieser Zeit höre, kommen mir die Tränen. Ich weiß zwar, dass auch 2018 einige neue Erfahrungen für mich bereit halten wird, aber ich kann mich im Moment nicht darauf freuen. Obwohl ich damit gerechnet hatte, dass ich nach dieser tollen Zeit einige Tage brauche, um wieder nach vorne blicken zu können, konnte ich nicht ahnen, dass es so schwer werden und so lange dauern wird.
Ich hoffe, das liegt daran, dass ich zur Zeit nicht viel zu tun habe und mein Leben grade nicht viel Sinn hat. Das ist ein sehr erdrückendes Gefühl. Von anderen bekomme ich zu hören, dass ich diese Phase genießen soll, doch für mich ist das grade unerträglich. Tatsächlich sehne ich mich danach, zu arbeiten, Stress zu haben, Neues zu lernen und darin Erfüllung zu finden. Aber noch ist es nicht so weit. Zur Zeit gehe ich ein, mit meinen Gedanken an vergangene Tage, den Liedern, die so stark mit Erinnerungen verknüpft sind. Mir ist bewusst, dass das Jammern auf hohem Niveau ist, aber ich kann nichts dagegen tun.

Dieses Bild ist in Wien entstanden. Wien hat seit diesem Jahr einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen
Naja möglicherweise ja doch, aber ich will nicht. Ich habe keine Lust auf ein neues Jahr, ich möchte am liebsten die Zeit zurück drehen. Der Song "Rückspiegel" von Maxim kommt mir da in den Sinn. Doch es ist seltsam. Mir ist durchaus bewusst, dass ich meine Gedanken steuern könnte, um alles weniger Negativ zu sehen, dass ich diese Phase auch mit nützlichen Dingen füllen könnte, um zum Beispiel eine neue Sprache zu lernen oder was weiß ich. Ich könnte Pläne für 2018 schmieden und dankbar sein für die Erfahrungen, die ich 2017 machen durfte.
Ich habe keine vernünftige Erklärung dafür, warum ich all das nicht tue. Aber ich finde auch, dass man sich schlechte Tage mal erlauben darf. Wenn ich auf Pinterest gehe, habe ich schon das Gefühl, dass es ein Verbrechen ist, negative Gedanken zu haben. Aber so ist das Leben nunmal. Ohne die schlechten Phasen gäbe es die Guten nicht. Und gerade merke ich, dass mir meine eigenen Worte Hoffnung machen und ich bin ziemlich erleichtert, dass ich noch Hoffnung fühlen kann, weil ich mich in letzter Zeit ziemlich leer gefühlt habe. Und ehrlich gesagt macht mich das auch krank. Aber man darf sich, denke ich, auch nicht dafür verurteilen, wenn es einem psychisch schlecht geht. Man muss auch seine schlechten Seiten akzeptieren. Wäre das Leben nicht schrecklich langweilig, wenn alle perfekt wären? Niemand ist vollkommen. Egal wie toll das Leben sein kann, es kommen immer auch schlechte Momente dazwischen. Und umgekehrt ist es genauso.
Wenn ich diese Phase überwunden habe, und ich bin sicher, ich werde sie überwinden, lasse ich euch wissen, was mir geholfen habt.
Ich hoffe, euch geht es gut

X,
Stella

Wie geht Abschied nehmen?

Hallo liebe Leser!

Eine Sache, die ich nie lernen werde, ist Abschied nehmen.
Zu wissen, dass man einen Menschen das letzte Mal in seinem ganzen Leben sieht, ist unerträglich. Meist wird einem erst am Ende bewusst, wie tief die Spuren sind, die ein Mensch bei uns hinterlassen hat und häufig haben wir keine Ahnung, welch große Rolle wir im Leben anderer spielen.
Abschiedsworte sind bittersüß und bleiben ein Leben lang in Erinnerung. Die letzten Worte stecken voller Zuneigung und sind die einzige Gelegenheit, einem Menschen zu zeigen, was er einem wirklich bedeutet. Oft stecken sie voller Ratschläge und werden dazu genutzt, dem Abschiednehmenden die wichtigsten Lektionen, aber auch Hoffnung und Kraft mit auf den Weg zu geben.


Und so schwer das Abschied nehmen fallen mag, so gehört es zum Leben dazu. Manche Menschen, so wertvoll und weise sie auch sein mögen, sind von Beginn an dafür bestimmt, einen auf seinem Lebensweg nur bis zur nächsten Abzweigung zu begleiten. Und wenn man nach einiger Zeit auf seinen Weg zurückblickt, wird einem klar, dass alles Sinn macht und am Ende alles gut wird.
Manche Orte fühlen sich zwar wie ein zu Hause an, aber rückblickend weiß man, dass dies nur ein Schritt in die richtige Richtung war.
Ein Abschied hilft einem, nach vorne zu blicken und einen Schlussstrich zu ziehen. Denn wer hat denn behauptet, dass dies schon alles war, was das Leben bereithält?
Man weiß nicht, was die Zukunft noch bringen mag und vielleicht wartet an der nächsten Ecke schon ein neues Abenteuer.

X,
Stella




Verlorene Tage

Hallo liebe Leser!

Ihr kennt das doch bestimmt alle: Abends feiern und am nächsten Tag ist man so fertig, dass man nichts schafft und der Tag eigentlich nur noch verloren ist. Das können aber auch besonders schmuddlige Regentage sein, an denen man einfach nur faul ist. Bei mir trifft heute mehr oder weniger beides zu und während ich in meinem Bett lag und faul war, dachte ich darüber nach, wie unsinnig es doch ist, seine Zeit so zu verschwenden. Wir sollten diese Tage mehr würdigen, an denen wir gesund sind, genug zu essen haben und uns über nichts anderes aufregen können als das Wetter.


Manchmal wird mir bewusst, wie schnell die Zeit doch vergeht, und das alles auf der Welt endlich ist: Das Wochenende, der Urlaub, die Jugend, das Leben. Irgendwann verblassen wir. Wenn ich heute zurückschaue auf die Tage, an denen ich absolut nichts gemacht habe und vielleicht auch noch grundlos schlecht gelaunt war, dann möchte ich am liebsten in der Zeit zurückreisen und mein Vergangenheit-Ich aus seinem Zimmer zerren.


Denn solche Tage lassen sich so gut füllen: Mit Kreativität, Dankbarkeit, Hingabe...
Wie wollen wir wachsen, wenn wir die wenige Zeit, die wir haben, einfach vorbeiziehen lassen?
Ich möchte das nicht mehr. Denn eigentlich habe ich zur Zeit alle Möglichkeiten. Ich bin volljährig, habe keine ernsten Probleme und so gut wie fertig mit der Schule. Vor dem Abitur habe ich mir so viele Vorsätze für die Zeit danach gemacht und die Zeit, die ich jetzt dafür habe, will ich nicht verschwenden. Ich will mich frei fühlen.


Kennt ihr solche Tage?

X,
Stella

Entscheidungen


Hallo liebe Leser!

In Ethik haben wir letztens darüber gesprochen, inwiefern unser Wille frei ist und wovon er beeinflusst wird. Das hat mich sehr zum Nachdenken gebracht. 
Will ich überhaupt das, was ich glaube zu wollen? Warum will ich das, was ich will? 
Ich habe mir diese Fragen vor allem in einem Zusammenhang gestellt: Meiner Zukunft. Die Schule liegt nun bald hinter mir und jetzt fühle ich mich wie vor einer Weggabelung. Links oder Rechts? Studium oder... oder was? Für mich war es eigentlich immer schon selbstverständlich, nach der Schule mal zu studieren. Das machen alle anderen ja auch so. Das ist schließlich die einzige Möglichkeit, mal irgendwas zu erreichen. Aber damals wusste ich es einfach nicht besser.


Inzwischen schleichen sich immer wieder ein paar Alternativen durch meine Gedanken. Manchmal erwische ich mich dabei, wie ich von fernen Stränden, exotischer Natur und fremden Kulturen träume. Es gibt so viel zu entdecken auf dieser Welt und ich sehne mich auch danach, einfach abzuhauen, kreativ und glücklich zu sein und Abenteuer zu erleben. Das kann aber auch gewaltig schief gehen. 
Entweder ich bleibe auf der sicheren Seite oder ich stürze mich in Ungewissheit.


Es gibt so ein paar Menschen, die es gewagt haben. Manche davon teilen ihre Geschichten auf YouTube und das sind die Kanäle, die ich eigentlich am liebsten schaue. Danach denke ich immer: Irgendwann machst du das auch. Aber wann ist irgendwann? Wenn ich mich jetzt weiter treiben lasse, rutsche in in einen dieser vorgefertigten Lebensläufe rein und davor habe ich Angst. 
Was würde ich am Ende eher bereuen? Das ich meine Abenteuerlust unterdrückt habe oder das ich das Studium und damit den Grundstein für Erfolg versäumt habe? Ich habe keine Ahnung. 
Ich warte auf ein Zeichen, eine Art Wegweiser, der mir zeigt, das ist der richtige Weg für dich. Aber Entweder ich gehe mit geschlossenen Augen durchs Leben oder das Universum ist sich selbst noch nicht sicher, was aus mir werden soll.



In den letzten Monaten war ich nicht besonders glücklich, weil mich der eintönige Alltag einfach gelangweilt hat. Die einzige Möglichkeit, mich über Wasser zu halten, war Pläne für "Nach dem Abi" zu schmieden. Teilweise sind das nun schon ausgereifte Projekte, teilweise auch nur fixe Ideen, die sehr riskant und gefährlich sind, mich aber unglaublich glücklich machen würden, das weiß ich. 
Ich versuche, auf mein Herz zu hören, aber es ist noch nicht laut genug.



Wovon träumt ihr?

X,
Stella

Ohne Titel #1

Apokalyptischer Glanz brach aus. Nur für einen kurzen Augenblick. Nach einem Blinzeln hatte die Dunkelheit das Licht schon wieder verschlungen. Nur er stand noch dort, wo alles begonnen hatte. Und leuchtete. Ein einsamer Stern in einer verlorenen Galaxie, alles Leben in sich aufgesogen, mit dessen Kraft er der einzige Lichtpunkt in einer tiefschwarzen Unendlichkeit war.
Dennoch fühlte er sich leer. Er hatte es sich irgendwie anderes vorgestellt, war weder weiser noch glücklicher geworden. Nur einsamer und verwirrter. Vorsichtig tat er den ersten Schritt und verließ somit die sichere Scheinhülle. Es war der erste Schritt von vielen tausenden, die er noch auf dem Boden aus Sternenstaub zurücklegen würde.
Der Beginn einer langen Reise auf der Suche nach einer neuen Welt.

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