Zu früh gefreut?

Ich hatte mir ja gewünscht, dass das Jahr 2019 etwas ruhiger wird. Am liebsten auf eine unbeschwerte und schöne Art und Weise. So unbeschwert und schön wie das Gefühl, auf einer Schaukel hin und her zu schwingen. Oder sich auf dem Meer treiben zu lassen, während die Sonne für einen scheint. Oder so sehr lachen zu müssen, dass einem der Bauch weh tut. Ja, das wäre schön.
Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Realität hat bereits zugeschlagen. Es sind noch nicht einmal zwei Wochen vergangen und ich habe schon eine Achterbahnfahrt hinter mir.
Ähnlich wie in den letzten Semesterferien. Ich weiß noch nicht, ob ich das lustig finde. Nein, ich glaube nicht. Ich bin wieder an einem Tiefpunkt, habe mich wieder einmal mehr oder weniger selbst in diese Situation gebracht und muss da jetzt wieder einmal alleine rauskommen. Zwei Dinge habe ich dabei schon gelernt: 1. Erwachsenen-Fehler wiegen viel schwerer, müssen viel länger ausgebadet werden und haben meistens etwas mit Geld zu tun; 2. Erzähl nicht sofort jedem, wenn VIELLEICHT demnächst etwas tolles passiert. Denn am nächsten Tag kann das schon wieder ganz anders aussehen.
(Nein, ich bin nicht schwanger ;) )
Und genau wie in den letzten Ferien habe ich keine Ahnung, wie es so weit kommen konnte und das dringende Bedürfnis, etwas ändern zu müssen. Ich mag Ferien nicht. Das ganze Semester über herrscht Chaos und man wirbelt durchs Leben ohne das man irgendwas um sich herum mitbekommt. In den Ferien wird man dann plötzlich ausgebremst. Man bekommt einen Wahrheits-Spiegel (ohne Filter) vorgehalten und sieht, wer man die letzten Monate über geworden ist. Das ist nicht unbedingt ein schöner Anblick. Ich will nicht sagen, dass ich mich selbst nicht mag oder so. Es ist mir nur manchmal ein Rätsel, wie ich jemals in diese erwachsene Gesellschaft passen soll. Es ist leicht, so zu tun, als ob, aber es dann wirklich durchzuziehen ist deutlich schwieriger als gedacht. Die Gesellschaft und das Leben wäre schön wenn alle einfach zusammen barfuß im Sommerregen tanzen würden. In der Realität ist das aber nicht so. Das ist nichts Neues, ich weiß, aber ich bin noch nicht ganz bereit, meine Naivität aufzugeben und mich durch diese Gesellschaft zu kämpfen. Ich würde mein Leben gerne so gut es geht genießen. Wisst ihr, wie lange ich nicht mehr auf einer Schaukel gesessen bin? Ich weiß es nicht mehr.
Es ist paradox. Meine Vorstellungen von einem guten Leben sind genau das Gegenteil von dem, was die "Gesellschaft" unter einem guten Leben versteht.
Anstatt die Sommermonate zum Beispiel auf Schaukeln, Wellen und berieselt von Sommerregen zu verbringen, werde ich hart arbeiten müssen: Klausuren, Zweitstudium, Vollzeitpraktikum. Vorausgesetzt es läuft gut und ich finde einen Platz. Vorausgesetzt. Es. Läuft. "Gut".
Und wenn ich keinen Platz finde und Zeit für all diese schönen Dinge hätte, bedeutet das, dass ich versagt habe. Willkommen bei den Erwachsenen.
Mir ist klar, das ist Jammern auf sehr hohem Niveau und ich kann mich glücklich schätzen, so ein Leben zu führen und all diese Möglichkeiten zu haben. Und meistens bin ich das auch. Und natürlich habe ich mich bewusst dafür entschieden. Weil ich weiß, oder wenigstens hoffe, dass es das alles irgendwann wert ist. Ich arbeite jetzt dafür, später noch viel mehr arbeiten zu können. So gesehen werde ich ohnehin nie wieder Ferien haben. Hat wohl alles Vor- und Nachteile. Und selbst wenn ich mal irgendwo eine Auszeit einschiebe, wird diese immer von einem schlechten Gewissen begleitet sein.
Aber dann kommen diese Momente, in denen ich an Schaukeln denke. Oder an das Meer oder Sternschnuppennächte oder an den Sommerregen. Ich brauche dringend eine Pause von dieser oberflächlichen Welt, wo alle anderen Menschen bloß Konkurrenten sind und man erst dann erfolgreich ist, wenn man egoistisch ist.

Prater, Wien, August 2018