Mein Leuchtturm

Ich bin ein großer Fan von Ted Talks. Neulich habe ich mir wieder einen Vortrag angesehen.
Es ging um Liebe.
Der Redner forderte alle dazu auf, die Augen zu schließen und sich zu entspannen. Dann sollte man sich nacheinander die Sonne, eine Diskokugel und einen Leuchtturm vorstellen und sich überlegen, welche Person im eigenen Leben äquivalent dazu ist.
Also wer liebt mich bedingungslos, wer bringt positive Energie in mein Leben, wer gibt mit Sicherheit und weist mir den Weg?
Bei den ersten beiden Dingen war es kein Problem, jemanden in meinem Leben zu finden.
Aber gibt es jemanden, der wie ein Leuchtturm für mich ist? Der mir den Weg weist?

Eigentlich nicht. Wenn überhaupt, dann bin ich das selbst. Und das ist gut so. Wer wäre dafür geeignet, mir zu sagen, wohin mein Weg mich führt? Wer weiß das besser, als ich selbst? Niemand verbringt mehr Zeit mit mir als ich selbst und ich bin die einzige, die von der ersten bis zur letzten Sekunde bei mir ist.
Mein Leuchtturm ist mein Selbstvertrauen. 

Photo by Stefan Gessert on Unsplash

Das ist doch kein Leben!

Aber das ist doch kein Leben!
Diese Worte waren ein Messerstich ins Herz, als meine Mutter sie zu mir sagte.
Ich hatte eine sechsstündige  Zugfahrt hinter mir und schlimme Rückenschmerzen. Mein Rücken macht mir schon seit einer Weile Probleme. Zuerst dachte ich, das gibt sich irgendwann von selbst. Hat es nicht. Dann fing ich an, regelmäßig Yoga zu machen und dachte mir, nach ein bis zwei Wochen habe ich das dann im Griff. Hatte ich nicht. Also  ging ich doch zum Arzt, der mich hier und da verdrehte und verrenkte und mich dann mit den Worten verabschiedete: "in ein paar Tagen ist es besser". War es nicht. Ich habe weiterhin Yoga gemacht, die Schmerzen irgendwie ausgehalten und mich zusammengerissen. Für das Sommerpraktikum musste ich dann in eine andere Stadt ziehen. Davor fängt man natürlich auch keine Therapie an. Der Arbeitsalltag besteht hauptsächlich daraus, am Schreibtisch zu sitzen. Die ersten 2 Wochen waren die Hölle. Dann kam das Wochenende bei meinen Eltern, die zwar schon von meinen Problemen wussten, mich aber noch nie "live" damit erlebt hatten. Ich weiß noch, wie ich damals in die Wohnung kam, in der Küche saß und mich nur darauf konzentriert habe, nicht los zu heulen. Seltsamerweise kann ich vor meinen Eltern nicht weinen. Ich warte damit immer, bis ich alleine bin. Ich glaube in den letzten 5 Jahren habe ich öfter in der Öffentlichkeit geweint als vor meinen Eltern. Naja, anderes Thema.
Das Ding ist, ich habe wegen körperlichen Beschwerden niemals Mitleid mit mir selbst. Ich denke mir dann immer "komm, jetzt reiß dich zusammen", "du hast keinen Grund, jetzt rumzuheulen", "andere Leute stehen viel schlimmere Sachen durch".
Aber zu sehen, wie besorgt meine Mutter war und diese Worte zu hören, hat bei mir einen Schalter umgelegt. Stimmt, jeden Tag Schmerzen zu haben und nicht sitzen zu können ist kein Leben. Ich bin doch erst 20, wie sollen die nächsten 60 Jahre meines Lebens aussehen? Ich habe vor ein paar Wochen Volleyball mit meinen Freunden gespielt und war unfähig, dem Ball hinterherzurennen. Oder danach gemütlich am See zu liegen, weil keine Position die richtige war.
Ich sehe mein eigenes Leid immer erst, wenn ich merke, dass andere Menschen sich sorgen machen.
Davor kann ich sowas immer ganz gut verdrängen.
Inzwischen sind einige Wochen vergangen. Ich war nochmal beim Arzt, dann beim Orthopäden, dann beim MRT und nächste Woche bekomme ich endlich eine Therapie und ich freue mich schon sehr darauf und bin einfach froh, dass ich das für mich und meinen Körper tue.
Aber auch das Yoga zeigt inzwischen Wirkung. Ich bin wieder fähig, zu sitzen, solange ich den Bewegungsausgleich habe. Und die Schmerzen sind nicht mehr permanent, sondern nur noch ab und zu. Ich war ja schon immer ein Fan von Yoga, aber jetzt habe ich nochmal richtig gemerkt, wie gut mir das tut.
Rückenschmerzen hat glaube ich jeder Mal, in unterschiedlichster Art und Weise. Ich wollte hier eigentlich nur mal alle daran erinnern, gut auf ihren Körper zu achten. Bewegt euch und schafft einen Ausgleich zum Sitzen, nehmt die Treppen, lauft die eine Ubahn Station, dehnt euch und esst gute Sachen. Im Grunde ist es doch einfach. Bewegung ist sogar umsonst und in gesunde Lebensmittel zu investieren, heißt, in sich selbst zu investieren.

Photo by Nik MacMillan on Unsplash
 PS: Leider habe ich gerade nicht viele schöne eigene Bilder, weil ich den ganzen Tag eigentlich nur arbeite. Deswegen müssen zur Zeit lizenzfreie Bilder aus dem Internet herhalten.

Das, was ich über dich denke, bist nicht du. Das bin ich.

Eine kleine Erkenntnis von Pinterest, die wie für mich gemacht zu sein scheint. Wenn ich einen Menschen neu kennen lerne, mache ich mir immer unglaublich viele Gedanken.
Ob der Tippfehler in meiner Nachricht jetzt alles zerstört hat?
Hasst die andere Person mich, weil mein Ratschlag nicht hilfreich genug war?
Ist die andere Person genervt, weil ich die Ironie nicht verstanden habe?
Einmal habe ich mir tagelang Vorwürfe gemacht, weil ich dachte, ich hätte "Der" anstatt "Mein" geschrieben. Irgendwann habe ich die Nachricht nochmal gelesen und gemerkt, dass ich mich damals nur verlesen und tatsächlich "Mein" geschrieben habe. Tagelange Vorwürfe. Wegen Nichts. Willkommen in meinem Leben. 
Fragen, die für immer unbeantwortet bleiben werden. Und oftmals auch vollkommen unbegründete Sorgen.
Jede Person lebt in ihrere eigenen, einzigartigen Gedankenwelt. Gerade in Chats entstehen so leicht Missverständnisse. Vor allem, wenn man die andere Person noch nicht so gut kennt und nur schwer einschätzen kann. Und wahrscheinlich ist es tatsächlich so, dass ich meine Gedanken und Gefühle auf die Situation projiziere. Obwohl die andere Person an dem Tag vielleicht eher gut drauf ist.
Wenn man sich dann besser kennt, wird es natürlich leichter. Aber ich finde die Kennenlernphase immer unglaublich anstrengend. Dazu muss ich auch sagen, dass ich nicht besonders oft eine Person so richtig gut kennen lerne. Oberflächlich lernt man sich schnell irgendwo kennen. Das kann dann auch lustig sein. Aber sich einander zu öffnen und Vertrauen aufzubauen, erfordert viel Zeit und Geduld und so weit kommt man nicht immer. Das ist jetzt gar nicht wertend gemeint, das ist einfach so. Zumindest in meinem Leben.
Aber wenn man diese "Hürde" erst überwunden hat, hält man einen Schatz in der Hand: Freundschaft. Und zwar eine, in der man nicht nur lustige Erinnerungen, sondern auch Sorgen und Ängste teilt. In der man immer füreinander da und Nichts an Bedingungen geknüpft ist. Dafür lohnt sich der Gedankenwirbel, die Geduld, die Zeit, die Sorgfalt.

Photo by Thomas Kinto on Unsplash

Ode an die Langeweile

Was will man mehr vom Leben, als jemanden, mit dem man an einem Sonntag Nachmittag gemeinsam faulenzen kann?

Mein Wochenende ist bisher eher langweilig. Das finde ich toll. Wenn mir lange genug langweilig ist, kommt irgendwann wieder meine Kreativität aus der einen Ecke meines Körpers gekrochen, in die sie der Stress verbannt hat. Und dann will ich schreiben. Und das mache ich jetzt.
Mir ist inzwischen nur noch sehr selten langweilig. Im Grunde könnte ich auch in diesem Moment etwas für mein Fernstudium machen, aber ich hatte schon lange kein langweiliges Wochenende mehr, und werde auch demnächst keines mehr haben, deshalb habe ich mir jetzt mal ganz bewusst diese Zeit genommen. Oder anders gesagt: prokrastinieren für Vielbeschäftigte.
Nein, ich lasse mir da jetzt kein schlechtes Gewissen einreden. Je mehr man zu tun hat, desto wichtiger ist es, sich auch mal Zeit fürs Nichts-tun zu nehmen. Wenn man nach einiger Zeit dann sogar wieder seine Kreativität begegnet, ist die Zeit noch wertvoller. Oder einfach mal wieder ein Buch lesen, Yoga machen, in der Hängematte im Garten dösen, ein Nickerchen machen....
Solche Dinge sind wichtig! Je weniger man dazu kommt, desto wichtiger werden solche Dinge.
Gerade introvertierte Personen brauchen diese Tage, um den Akku wieder aufzuladen. Und so lernt man auch, mit sich selbst allein zu sein. Denn man vergisst sich selbst schnell, wenn man nur mit anderen Dingen und Personen beschäftigt ist. Aber wir selbst sind unsere treuesten Begleiter, unser Körper unser einziges wirklich beständiges zu Hause. Das sollte man nicht unterschätzen.
Denn wenn der Schmerz irgendwann da ist, egal ob physisch oder psychisch, dann ist alles andere egal und dann bereut man es so sehr, sich nicht eher um sich selbst gekümmert zu haben.

Wow okay, ich hatte eigentlich nicht vor, das Thema "Langeweile" so ausarten zu lassen. Ich merke einfach, wie gut mir solche Tage ab und zu tun. Länger als 1-2 Tage halte ich das aber auch nicht aus. Aber wenn man wochenlang "busy" ist, schätzt man so ein gemütliches Wochenende doch sehr. Die Zeit vergeht dann wieder etwas langsamer. Man findet zu sich selbst und zu seinen Träumen zurück, entdeckt wieder die eigene Antriebskraft.
Und gerade in den Social Media beherrschten Zeiten hat man schnell das Gefühl, man verpasst etwas, wenn man den Samstag nicht in der angesagten Strand Bar oder sonst einem "Insta Hot Spot" verbringt, sondern einfach alleine zu Hause bleibt.
Deshalb plädiere ich hier jetzt mal für mehr Langeweile. Nehmt euch Zeit dafür. Genießt es. Und startet am nächsten Tag wieder durch.

Stuttgart, Juni 2019